Die Nacht verbrachte ich in einer Herberge, wie sie besser nicht sein kann, fürsorgliche Herbergsmutter, tolles Essen, andere Pilger, Neulinge und schon lang Wandernde (von Amsterdam nach Santiago geplant!) und viel "Camino-Atmosphäre". Kurzum, ein sehr guter Abschluss!
Dass dann der Bus heute Morgen nicht wie angekündigt 6:40 Uhr nach Charleville fuhr, war noch erträglich. Schließlich bin ich in Frankreich, gelassene Lebensart und bejubelter Revolutionsgeist lässt sich auch gern mal am Busfahrplan aus. Was soll's, ich bin deutsch, pünktlich an der Bushaltestelle und darf mich dann in Gelassenheit üben. Gern. Pilgertugenden im Alltag zu testen. Die Gefahr bestand von Anfang an.
Als dann der Bus auch nicht 8.00 Uhr fuhr und mir angedeutet wurde, dass wohl gar keiner fahren würde, holte ich innerlich schon mal meine Vorurteile raus und machte mich zum Gegenangriff. Ich wollte aber nicht warten, bis mir jemand in Rocroi um 8.30 Uhr zuhören würde. 4 Leute habe ich zu diesem Zeitpunkt gesehen, die übereinstimmend auf einen Platz als Bushaltestelle zeigten, wo Nichts war - außer ich als Wartender. Jetzt begriff ich, dass hier der der Begriff "Festungsstadt" auch revolutionär auslegen: hier sitzt man fest - oder schläft wenigstens noch um diese Uhrzeit.
Ich entschloss mich, die 30 km zu trampen, was erstaunlich gut klappte. Drei Autos schnell angehalten und schon war ich in Charleville, von wo aus der Zug nach Verdun fahren sollte, tatsächlich auch fuhr, aber bereits 20 min vor meiner Ankunft bzw. 11 Stunden später! Kein Zug nach Verdun. Und auch kein Bus.
Erklärung - wenn ich es sehen will, muss ich laufen. Diesen Weg gehe ich gern.
Ein andermal.
Und dann mit Französischkenntnissen.
Nun liege ich in Reims im Park und warte auf die Ankunft einer Bekannten.
Wege entwickeln Wege.
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